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Erfassung grundlegender Wirkungszusammenhänge für die Bildung gesellschaftlicher Akzeptanz von Tierhaltungsverfahren und Quantifizierung der Ergebnisse (Task 1.1)

1. Zielsetzung

  • Identifizierung der Funktion von Bewertungen und Äußerungen zur Tierhaltung
  • Einordnung der Äußerungen zur Tierhaltung in einen Gesamtzusammenhang
  • Identifizierung der Faktoren, die die Akzeptanz von Tierhaltungsverfahren bestimmen
  • Identifizierung der Auswege aus der Kluft zwischen gemachten Statements zur Tierhaltung bzw. zum Tierwohl und dem tatsächlichen Verhalten beim Kauf und Konsum von Fleisch (Consumer/Citizen Gap)

2. Vorgehensweise

In einem ersten Schritt und als Grundlage für weitere Untersuchungsschritte werden eine qualitativ-tiefenpsychologische Grundlagenstudie mit einem Stickprobenumfang von 60 Tiefeninterviews (1,5 Std.) und 6 Fokusgruppen (8-10 Teilnehmer / 2 Std.) durchgeführt. Es werden 3 Gruppen gebildet, in denen schwerpunktmäßig jeweils eine der Tierarten Rind, Schwein und Geflügel im Zentrum stehen (pro Tierart 2 Fokusgruppen und 20 Einzelinterviews). Im Sinne einer funktionalen bzw. psychologischen Repräsentativität ist diese Anzahl von Einzelinterviews und Gruppendiskussionen ausreichend, um den Untersuchungsgegenstand vollständig zu erfassen und zu analysieren. Um die Zusammenhänge zwischen Tierwohl und Fleischkonsum, bzw. die Entwicklungen der eigenen Haltung zum Thema Tierhaltung von möglichst vielen Seiten in den Blick nehmen zu können, werden neben Fleischkonsumenten in 40 % der Einzelinterviews, sowie einer der sechs Gruppendiskussionen auch Vegetarier und Veganer befragt. Außerdem wird auch eine siebte Gruppendiskussion mit ausschließlich Vegetariern und Veganern durchgeführt. Im Anschluss an die Grundlagenstudie erfolgt eine statistisch repräsentative Bevölkerungsbefragung.

3. Daten und Methoden

In der qualitativ-psychologischen Grundlagenstudie kommen die Methoden der Morphologischen Wirkungsforschung zum Einsatz. Die Moderation der Tiefeninterviews und Gruppendiskussionen erfolgt durch Psychologen, die in der Methode besonders geschult sind. Anhand von alltagsnahen Erlebensbeschreibungen werden themenzentrierte, übergreifende Wirkungszusammenhänge herausgearbeitet. Hierbei geht es nicht allein um die Statements oder Meinungen der Befragten, sondern um die Bedingungen des Zustandekommens der Aussagen und darüber hinaus ihre Einordnung in die Wirkungszusammenhänge. Durch diese Methode lassen sich unbewusste Zusammenhänge und unbewusste Bestimmungsgründe für die Akzeptanzbildung erheben. Auswertungen erfolgten methodisch kontrolliert durch die Arbeit in einem Team von Psychologen.

4. (vorläufige) Ergebnisse

  • Tierhaltungsverfahren in den landwirtschaftlichen Betrieben werden nicht isoliert betrachtet, sondern zusammen mit Tiertransporten und Schlachtung als Teil eines umfassenderen, nicht aufteilbaren Systems.
  • Die Beurteilung der Tierhaltungsverfahren und der Wertschöpfungskette Fleisch wird stark durch Empathie zu den Tieren beeinflusst.
  • Die Wahrnehmung der Situation in der Tierhaltung ist weitgehend abgekoppelt von den tatsächlichen Verhältnissen. Die vorherrschenden Bilder lassen sich mit den Begriffen „Museumslandwirtschaft“ und „Massentierhaltung“ kennzeichnen.
  • In den Interviews hatten Fleischesser insgesamt kaum Kenntnisse über die tatsächliche Tierhaltung. Eigene Erfahrungen hinsichtlich der modernen Tierhaltungsverfahren sind die Ausnahme. Es ist kaum Wissen vorhanden, das zwischen den Extremen „Museumslandwirtschaft“ und „Massentierhaltung“ vermitteln kann.
  • Fehlende Kenntnisse über und eigene Erfahrungen mit den verschiedenen Stufen der Wertschöpfungskette Fleisch unterstützen die Dichotomisierung der Wahrnehmung von Tierhaltungsverfahren.
  • Für die Beurteilung der tatsächlichen Verhältnisse fehlen Maßstäbe. Während Kategorien wie Bewegungsfreiheit oder Licht klar sind, bestehen kaum konkrete Vorstellungen darüber, wie viel Platz oder Licht als ausreichend oder gut zu beurteilen ist. Für das Fehlen dieser Maßstäbe besteht ein Bewusstsein. Somit bestehen auch deutliche Schwierigkeiten auf Seiten der Befragten bei der Entwicklung alltagstauglicher Lösungen.
  • Die in den Interviews stattfindende Auseinandersetzung mit dem Thema Tierhaltung und dem eigenen Einkaufsverhalten deutet darauf hin, dass erste Reaktionen zu Thema Tierhaltung keine abgewogene Beurteilung ist.
  • Der Umgang mit dem Thema Tierhaltung wird bei Fleischessern stark durch den Versuch beeinflusst, sich den Genuss am Fleischessen zu erhalten.
  • Bei Vegetariern und Veganern besteht die Tendenz, den Verzicht auf Fleisch durch Informationen und die Belebung von abstoßenden Bildern aus der Tierhaltung zu unterstützen.
  • Zwischen der Beurteilung von Tierhaltungsverfahren und dem Kaufverhalten ergeben sich Unterschiede, weil die mentale Verfassung bei Umfragen und Diskussionen von der beim Einkaufen sehr verschieden ist.

5. Vernetzung mit folgenden anderen Tasks bzw. Teilprojekten

Der erste Teil im Arbeitspaket 1.1 dient der Grundlagenforschung und somit auch als Basis und Einordnungshilfe für weitere Forschungen im Rahmen von SocialLab.

6. Ansprechpartner

Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

7. Beteiligte Partner

  • Thünen-Institut für Marktanalyse, Braunschweig
  • Georg-August-Universität Göttingen
  • Privates Forschungs- und Beratungsinstitut für angewandte Ethik und Tierschutz INSTET gGmbH, Berlin
  • Fachhochschule Südwestfalen, Soest

8. Veröffentlichungen oder weitere Links

Erste Ergebnisse werden ab Ende 2016 als wissenschaftliche Papiere oder Praxisbeiträge in der Fachpresse (Landwirtschaft/Lebensmittelwirtschaftliche Praxis) publiziert und in Vorträgen auf Fachtagungen (Deutschland) präsentiert. Außerdem erfolgt die Verwendung im Rahmen von Bachelor- und Master- vorlesungen (u. a. „Agrar- und Lebensmittelmärkte – Marktbedingungen und Marketing“, „Ethics in Food Consumption and Production“) an der Uni Bonn.

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